Manchmal braucht es Zeit, um ein Spiel klarzumachen. In der ersten Hälfte suchten sie es, in der zweiten Hälfte fanden sie das Tor. Und zwar fünffach durch: Pablo 1:0, Mirko 2:0, Pablo 3:1, Tim 4:1 und Oli 5:1.
Ein Montagabendligaheimspiel wie gemalt, da der folgende Tag der Arbeit ja schizophrenerweise kein Arbeitstag ist und somit ein Sieg, so denn einer käme, ausgiebig im Absinth gefeiert werden würde. Den Firnis dieses Gemäldes bildete der Tapirkader, der sich farblich wunderbar aus einer katzenkotzegrünen Grundierung von Sven präsentierte. Darüber wurde ein solider Hintergrund aus Domme, Alex und Sepp im tiefem Orange getüncht. Mit feinen und groben Pinselstrichen trug der Trainer dann eine hellorangene Mittelschicht aus Björn, Oli, Tim und Dominik auf. Der obere Bereich des Gemäldes wurde von aggressivem Grellorange in den Tönen Aaron, Tobi M und Mo bestimmt. Dazu hatte der Trainer mit Philipp, Mirko, Pablo, Paul und Niklas noch weitere feine orangefarbene Nuancen auf der Palette.
Aufgrund dieser Farbstellung war klar: Es sollte ein Werk der tapirischen Sturm und Drang Phase werden: Hoch stehen, hoch gewinnen. Weniger Drang als vielmehr Sturm ließ das Wetter diesem Spiel angedeihen. Der böige Westwind in Achtknotenstärke zerstörte nicht nur die Trainerfrisur, sondern führte Situationen des ruhenden Balles wie Eck-, Frei- oder Abstöße ad absurdum, da der Ball aufgrund der heftigen Luftzirkulation einfach nicht ruhen wollte. Die Tapire hatten die Platzwahl verloren und fackelten daher zunächst gegen den Sturm. Doch auf ihrem Heimgeläuf präferieren sie ohnehin das Flachpassspiel, was sich bei derartigem Gegenwind als probates Mittel herausstellte. Sie füllten die Leinwand des Spieles überall mit ihren orangenen Strichen aus, vor allem in der Irish Moos grünen Hälfte der Werner mit unzähligen feinen Federführungen in deren Strafraum, bloß über die weiße Torlinie führte keine orangene Spur. Die Werner hielten kämpferisch mit Rückenwind dagegen, allerdings waren sie spielerisch unterlegen und agierten häufig aus der Not heraus mit langen Bällen aus dem Mittelfeld, die entweder Kraft des Windes Fangopfer von Sven wurden oder an unserer Abwehr zerbröselten wie mürber Keks. Daher bremste der Halbzeitpfiff die Tapire eher, als dass er sie erlöste.
Wo für sie ein Gebinde Grand-Cru bereitstand, für dessen Materialisierung sich Paul in altruistischer Manier verantwortlich zeigte: Er sammelte vor Spielbeginn in Eigeninitiative Geld unter den Spielern im Schuh ein, machte sich postwendend auf den Weg zur Bude, besorgte und transportierte das Schächtelchen, welches er finalerweise dekorativ am Rande der Auswechselbank positionierte. Ein Fleißsternchen für Paul, das direkt in die Kategorie „Verhalten“ im Tapirjahresbuch festgehalten wird. Doch wie immer waren diese spielgeilen Viecher mehr an dem runden Luder interessiert als am Trinkvergnügen, der Tor- überwog dem Bierdurst. Vor allem die bisher ungenutzten Tapirfarben Philipp, Mirko, Pablo, Paul und Niklas wollten nun ihre Deckkraft zeigen, deshalb durften sie alle direkt für Björn, Mo, Ole, Tobi und Dominik ins Zentrum des Geschehens.
Mit dem ersten Pinselstrich der Tapire in der zweiten Hälfte läuteten sie die Epoche der Klassik für ihr offensives Spiel ein, der gemäß Winkelmanns Diktum „edle Einfalt und stille Größe“ innewohnte. Und zwar avanti! 84 Sekunden nach Anpfiff vollendeten die Tapire zum ersten Mal mit einem entfesselten Paul, der über links startete, dabei zweimal den Ball verlor, ihn aber ebenso häufig wiedereroberte um ihn nach drittem Verlust und Wiedergewinn perfekt quer auf Pablo durchzustecken. Der das Ding links im 16er annahm und außen seinen Gegner umkurvte wodurch der Winkel für einen Torabschluss spitzer wurde als Nachbars Lumpi. War Pablo aber egal, flach fest in die Seitenflanke des Netzes passte für ein 1:0 in stiller Größe. Das nur vier Minuten später fallende 2:0 war das Oeuvre eines spontanen Geistesblitzes von Mirko, der instinktiv mit hohem Tempo behaftet von der rechten Strafraumkante bei einem Schuss von Domme aus 20 Metern einstartete, den der Werner Keeper parierten, aber nur nach vorne abzuklatschten vermochte. Mirko stibitzte sich das Spielgerät und sorgte mit souveränem Schlussstrich für die zweite Tapirvollendung. Aber zwei knappe Tapirchancen und neun Minuten später zogen die Werner plötzlich aus dem Nichts einen dicken grünen Strich in den tapirlichen Intimbereich des Spielgemäldes. Kurz vor dem Tapirsechzehner wurde der Ball auf rechts gelegt, den sich der rechte Werner mit einem Haken nach rechts vorlegte (3x rechts) und feste mitten auf das Gesicht von Sven abschloss. Doch Philipp erahnte das Manöver und brachte seine linke lange Gräte in den Schuss, allerdings etwa 4-8 Millimeter zu tief, so dass sein Spann den Ball in einer Form touchierte, dass dieser mit seltsamer ballistischer Kurve über Sven sich ins Netz zum 2:1 senkte. Aber die Tapire blieben Herr des Pinsels und verzeichneten vier Minuten später das von edler Einfalt und stiller Größe geprägte 3:1. Erneut war es Pablo, der den finalen Strich zog, nach Doppelpass mit Sepp, wo er aus gut 14 Metern halbrechts den Ball platziert ins linke lange Eck aquarellierte. Und weil das mit der orangenen Couleur über der Werner Torlinie so gut aussah und sich ebenso anfühlte, machten es der Tapire in der 65. Minute noch einmal. Vorausgegangen war ein Distanzschuss von Philipp von links, der abgeblockt wurde und an die rechte Strafraumkante sprang, wo der ruhelose Tim gerade unterwegs war, das Bällchen annahm, eine Lücke entdeckte und es schlüpfrig durch sie gleiten ließ, wo es sich mit sattem Netzeinschlagsgeräusch zum 4:1 für ewig ins Spielwerk eingravierte. Die Tapire verpassten es, in den kommenden Minuten das Werk noch opulenter und orangener auszuschmücken, doch zwei Minuten vor Schluss ließ es sich Oli nicht nehmen, mit seinem dicken Pinsel den finalen Klecks in das Wernergehäuse zu schlotzen. Nach einer Tapirecke mit Kopfballverlängerung stand er perfekt, um den Ball aus 5 Metern hoch in die Maschen zum 5:1 einzudrücken.
Ein Montagabendligaheimspiel der Tapire wie gemalt, Sturm und Drang spielte den Gegner in der ersten Halbzeit völlig wuschig, das klassische Oeuvre der zweiten Halbzeit pflückte die verdienten süßen Früchte ihres Fußkunstwerkes. In der vierten Halbzeit im Absinth leckten 8 Tapire noch Ambrosia, bevor sie in lebhaften Träumen noch einmal das Spiel Revue passieren ließen.
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Kommentare
Ganz stark,
der Trainer am Pinsel!
Ein Vergnügen, sich das Spiel nirgends in der Bahn im Geiste nachzeichnen zu lassen.
Große Meisterklasse
Sehr farbig. Ein Genuss
ganz dickes Lob
Für dieses ausdrucksstarke Gemälde eines Spielberichts