Freudig-kritisch grimassierende Scorer: Nils zum 1:3 und Tobias zum 2:5 und 3:6
Ihr habt es euch so ausgesucht: Der Trainer hatte noch vor seinem Einsatz als Spieler gewarnt, als aber um 19:54 Uhr noch kein angekündigter elfter Tapir den Kunstrasen betrat, musste er die an ihm lächerlich wirkenden, von Kinderhand genähten, kurzen blauen Beinkleider überwerfen und seinen Körper in der Innenverteidigung einem unterzahligen Gegner entgegenstellen. Bereits beim alibiartigen Warmlaufen war sein Gehirn derart sauerstoffunterversorgt, dass er zehn Talente zählte, wo nur neun auf dem Platz waren.
Doch diese neun Talente reichten zu Beginn völlig aus, elf deutlich zu respektvolle, wie Kassenpatienten in einer Privathautarztpraxis gehemmt wirkende Tapire wuschig und wund zu spielen. Die ersten zwei Minuten kam gar kein Tapir an den Ball, die Talente ließen es barcelonesk angehen und Ball und uns laufen. Mit Topspielern wie Wurst, Schwalbe oder Macke bestückt, zeigte vor allem letzterer, das zwischen Ober- und Freizeitliga zwar keine Welten, aber einige Spielklassen liegen. Macke war in der fünften Minute für das 0:1 verantwortlich, indem er neben das Tor schoss, leider stand genau da aber Tobi, von dessen Fuß der Ball unhaltbar in den linken Winkel trudelte. Die Tapire kamen danach zwei, drei Mal semigefährlich vor das gegnerische Tor, bevor es zum zweiten Mal in unserem Kasten bimmelte. Ein direkt und schnell vorgetragener Konter um den Bodendecker an Innenverteidiger namens Trainer herum ließ ein ewiges Talent allein auf Marci zulaufen, der zielstrebig das 0:2 einflochte. Sieben Minuten später erhöhte der minderbespielerte Talentschuppen gar auf 0:3 per Ecke mit Ansage. Der Eckenausführende fragte laut, ob nicht noch jemand in den Strafraum kommen möge und seine Mitspieler teilten ihm mit, nein, das mache schon Schwalbe alleine. Man mag bei Schwalbe nun an ein feingliedriges, schnelles Federvieh denken, das was da angesegelt kam, war allerdings ein einsfünfundachtziggroßer glatzköpfiger Zweizentner-Innenverteidiger. Wobei segeln auch das absolut falsche Verb für seine Bewegung war, Schwalbe hatte die Dynamik eines Lawinenabgangs, als er sich genau dorthin bewegte, wo der Ball hinflog. An ihm hing ein Pulk von vier Tapiren, die durch Ziepen, Zerren, dezentes Halten, Körperkontakt und Hochspringen ihn am Kopfball zu hindern versuchten, es half nichts, mit schmatzendem Glatzenkopfballgeräusch netzte Schwalbe das Leder unmittelbar neben den Innenpfosten unhaltbar zum 0:3 ein. Ein Naturereignis! Dann betrat das zehnte (für den falsch zählenden Trainer das elfte) Talent den Platz und das Spiel kippte paradoxerweise zu Gunsten der Tapire, die sich in der letzten Viertelstunde der ersten Hälfte Chancen zuhauf erspielten und bald darauf berechtigterweise das 1:3 erzielten. Nils wurde fein Gasse geschickt und hielt feste mit rechts von links gen langes Eck, Ersatz-Torwart Dustin Wurst kam zwar noch ran, faustete den Schuss aber in die eignen Maschen. Zuvor und danach hatten die Tapire ein knappes halbes Dutzend hochkarätiger Chancen, die einfach keine Lust hatten, ins Tor zu gehen.
Der Halbzeitcru war im Getränkemarkt vergessen worden, wodurch die Pause etwas wässrig wurde. Der durch den mittlerweile erschienenen Stephan substituierbare und -willige Trainer erklärte sich dazu bereit, ein Gebinde für die dritte Hälfte zu besorgen, Björn spendete die dazu notwendigen Penunzen dafür.
Mit Zuversicht ob der tapirsouveränen letzten Viertelstunde der ersten Hälfte ging es in die zweite, die allerdings durch das 1:4 der Talente nach Solodribbling von Macke mit Querpass auf den direkt vor dem Tor postierten Stürmer, der das Leder fulminant unter die Latte drosch, bereits nach etwa vier Minuten ein wenig ausgebremst wurde. Dann fuhr ich in Stephans elegantem japanischen blauen Mehrtürer zur Bude, als ich zurückkam, sah ich beim Einparken, wie Tobias von Nils ansehnlich steil geschickt wurde und das Bällchen fest und entschlossen von rechts mit rechts links ins Tor wuchtete. Wie mir der zur Halbzeit hinzugekommene Gast Tobi der Ältere mitteilte, der gerade vom Ballholen kam und dem Trainer beim Schleppen des Gebindes zu seiner Bank behilflich war, war dies der Treffer zum 2:5, zwischendrin hatten die Talente anscheinend das 1:5 vorgelegt. Einige Minuten verstrichen, durchaus nicht chancenarm, aber trefferlos auf beiden Seiten, bis die Talente, durch eine Soloaktion von Macke mit Vollendung im rechten Eck mit 2:6 etwa zehn Minuten vor Ende alles ziemlich klar machten. Doch der Vorwärtsdrang der Tapire war dadurch nicht gestoppt, gut drei Minuten später ließ eine hübsche Kombination der beiden bisherigen Torschützen Tobi zum Doppelscorer mutieren. Tobi kam mit dem Ball aus der Tiefe des Raums, passte auf Nils, der ihm diesen, von zwei Talenten bedrängt, in den Lauf chippte, der wiederum das Leder lehrbuchartig mit der Brust mitnahm und zielsicher im langen Eck zum Endstand von 3:6 entsorgte.
Eine in der Nachbetrachtung sich komisch anfühlende Niederlage, deren Ursache einzig und allein der Abwesenheit des Trainers bzw. Anwesenheit des Spielerstrainer zu verdanken ist. Da er zum Spieler mutieren musste, wurde dem Unheil allein durch seine individuelle Spielstatistik in dieser Saison der rote Teppich ausgerollt. Das war bereits das fünfte Spiel diese Saison, in dem er seinen großplatzuntauglichen Körper hinhalten musste, und seine deprimierende Saisonbilanz verzeichnet vier Niederlagen und ein Unentschieden, welches sich auch als Punkteabgabe anfühlte. Darüber hinaus, so habe ich in der Nachbetrachtung des Spiels eruiert, ist mein Hirn auf dem Platz nicht in der Lage, vermutlich aus Sauerstoffmangel, taktisch bzw. trainerisch zu denken. Denn es wäre einfach gewesen, in diesem Spiel dem unterzahligen Gegner das Leben deutlich schwerer zu machen, wenn wir das überragende Talent Macke in der hocherotisch-antiquierten Manier der gnadenlosen Old-School-Manndeckung durch einen unserer Zweikampftapirbullen in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt hätten. Dieser Gedanke kam dem Trainer aber erst weit nach dem Spiel, als seine Kopfdurchblutung wieder normale Maßstäbe annahm. Zu spät...
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Kommentare
angeblich führte der Kopfball
angeblich führte der Kopfball zum 0:3 dazu, dass in mehreren Seismologie-Stationen auf der Welt die Erdbeben- und Tsunamifrühwarnsysteme wild auszuschlagen begannen. Hoffentlich hat Schwalbe keinen mittleren Genozid auf irgendeiner Pazifikinsel zu verantworten.