Wie eine Schallplatte hat auch ein Spiel zwei Seiten respektive Hälften. Die B-Seite des Tapirspiels war exzellent. Pablo (1:2 und 5:3), Mirko (3:3), Ole (4:3) und Gumppi (2:3) waren für die Hits verantwortlich.
Pokal war eher nicht die Kernkompetenz der Tapire. Ebenso war die Bilanz in dieser Disziplin gegen den Gegner SW Bochum verbesserungsfähig, 2011 verloren wir 1:2 und 2016 4:3 im Elfmeterschießen. Beste Vorzeichen also, endlich mal wieder zu Beweisen, dass der Pokal gemäß §1 des Pokalgesetzbuches seine eigenen Gesetze hat. Die Tapirschabracke dafür war aus mittelmäßiger Quantität aber exzellenter Qualität gewoben, dazu hütete Krake Paul das Tor, was sollte da schon schiefgehen?
Und wir legten los wie die freiwillige Feuerwehr und spielten die Schwarz-Weißen zunächst an die Wand, wenn auch nur für knapp drei Minuten. Noch keine 80 Sekunden waren auf dem Tacho, da setze Mirko aus mittlerer Entfernung ein strammes Ding nur denkbar knapp am Tor vorbei. 50 Sekunden darauf brach Gumppi links in den Strafraum durch und setzte den Ball in eher zärtlicher Art und Weise unspektakulärer am Tor vorbei. Als hätten wir SW damit wachgeküsst oder vielmehr -gerüttelt ergriffen sie nun das Heft des Spielgeschehens und zeigten den Tapiren ein wenig, wie Ballbesitzfußball funktioniert. Aber die Tapire verteidigten und verschoben geschickt und emsig, so dass sich das Spiel zwar fast ausschließlich in der Tapirhälfte abspielte, aber Krake Paul nicht viel auf die Fangarme bekam. Diese Szenerie hielt allerdings auch nur etwa 7 Minuten, dann kam es zur ersten richtigen und gleich unlösbaren Aufgabe für Paul. Mit drei präzise in den Lauf gespielten Bällen überbrückte SW das Mittelfeld und legte den vierten perfekt in die Füße des einstartenden Stürmers, der das Spielgerät mit Wucht oben links ins Netz zum 0:1 hämmerte. Den Tapiren gelang es auch in der Folge nicht, für viel Entlastung zu sorgen, sodass sie ständig den Rückwärtsgang einlegen mussten und einige Freistöße und Ecken zu verteidigen hatten. Aus einer Ecke, die die Tapire zu kurz abwehrten, fiel in der 20. Minute durch einen Schuss halbhoch ins linke Eck das 0:2 für SW. Damit waren die Hufe sowas von weit vom Pokal weg, dass es schlagartig einer Besserung bedurfte. Die kurze Zeit später eintrat, als der Trainer endlich weg war. Weil er einen spektakulär weit über den Fangzaun gedroschenen und dadurch sehr perfide versteckten Ball suchen musste, konnte er nur akustisch an dem Treffer teilhaben, der ihm wie folgt beschrieben wurde: Ein Angriff über die linke Seite geriet über zentrale Umwege zu Martin an der rechten Strafraumkante, der mit einem Heber über die Abwehr in der Mitte Pablo ins Spiel brachte, der den Ball direkt nahm und dem Torwart Andi am Unterarm schoss, wovon er ins Tor zum 1:2 hoppelte. Doch kaum trat der Trainer zurück an den Spielfeldrand, fing der dadurch weggespülte Kot wieder an zu dampfen. Einen Vorstoß der Schwarz-Weißen über links verteidigten die Tapire zu entspannt, der Ball wurde zwei Mal quer durch den Tapirstrafraum gelegt und dann zum Vollenden per Flachschuss zum 1:3 aufgelegt. Der Trainer überlegte, ob er sich direkt wieder hinter den Zaun stellen oder in die nächste Kneipe gehen sollte (es war wieder kein Bier da), zog es aber dann doch vor, standhaft am Platz dem Pokalgeschehen ins Auge zu blicken. Was sich zwei Minuten vor dem Halbzeitpfiff auch lohnte, als die Tapire sich das Anschlusstrefferchen zum 2:3 besorgten. Was mit einem Angriff über die linke Seite begann, wo Ole links vor dem Strafraum eine Flanke in selbigen auf Martin nach rechts kredenzte, der den Ball per Kopf ins lange Eck zu senden versuchte. Sein unter Bedrängnis weder wuchtiger noch präziser Versuch wäre etwa drei Meter neben dem Tor ins Aus gegangen, hätte Robin nicht den Braten gerochen und mit einem für sein Alter schon als artistisch zu bezeichnenden Sprung den Ball nicht nur vor dem Übertreten der Torauslinie gerettet, nein, er verdeutlichte seine innige Freundschaft mit ihm, indem er ihn direkt mit dem Außenrist über den Keeper vor das Tor lupfte, wohin sein alter Spielkamerad Gumppi einlief und die Aufgabe zu bewältigen hatte, das Leder geradeaus per Kopf aus 4,09 Metern über die Linie zu drücken. Mit einer legeren hiphopartigen Nickbewegung erledigte er sie trocken zum 2:3.
Dann war unbecrute Halbzeitpause. Von den zwei Wechseloptionen war bereits eine verbraucht, weil Moritz um die 30. Minute ordentlich einen auf die Flosse bekommen hatte, hatte Schmiddi ihn bereits als rechter Außenverteidiger ersetzt. Da Joscha noch nicht warm war, dauerte es noch 10 Minuten bis er Martin ersetzte.
Mit Selbstvertrauen durch den Anschlusstreffer versehen, galoppierten die Tapire wild los, allen voran Mirko. In der 47. Minute zwang er mit einem fulminanten Schuss aus 27,58 Metern Torhüter Andi zu einer höchst amtlichen Parade. Nur drei Minuten später ließ Mirko ihm keine Chance, als nach einem delikaten Aufbauspielfehlpass der Schwarz-Weißen Gumppi das Leder stibitzte, es direkt zu Robin in die Nähe des 16ers passte, der quer auf Mirko ablegte, welcher seinen Gegner per Körpertäuschung ins Leere schickte und dann das Ding aus 12 Metern flach zum 3:3 ins Netz verpackte. Weitere sieben Minuten später war Mirko dann an einer Toranlieferung beteiligt. Vorausgegangen war ein Foul an Pablo in schöner Freistoßposition, etwa 22 Meter halblinks vorm Tor. Mirko trat an und schoss den Ball wuchtig mit Spin um die Mauer, was diesen in Nippelhöhe eher mittig mit ordentlich Schmackes aufs Tor zufliegen ließ. Andi konnte parieren, das Ding aber nur nach vorne abklatschen, was wiederum Ole antizipiert hatte. Mit dem richtigen Timing und dem Vorteil seiner unglaublich langen und beweglichen Stabheuschreckenbeine schubste er das Spielgerät mit der Pike aus fünf Metern Distanz am auf ihn zu stürmenden Torwart vorbei ins rechte Eck zum 4:3. Es roch ein wenig nach Pokalsensation doch da das Spiel noch 23. Minuten Restzeit hatte, war der Lurch noch längst nicht gebürstet. Au contraire, nun fühlte sich SW ein wenig an der Ehre gekitzelt und intensivierte die Offensivbemühungen. Ein gefährlicher Flachschuss ins Eck wurde von Paul in Flugkrakenmanier mit ausgestreckten Fangarmen gar gehalten, ein Nahdistanz 1 gegen 1 von seinem Heldenkörper abgewehrt und mit einer eingesprungenen Fußparade hielt er in der zweiten Hälfte die 3. Noch viel mehr beschäftigt als Paul war in dieser Phase sowohl die mit högschder Konzentration agierenden Verteidiger Domme, Sebb, Björn und Joscha, die so etwas wie Mutterinstinkte für Paul entwickelten und ihre Körper in alles hineinwarfen, was in seine Richtung kam. Dann wechselte SW drei Mal durch und brachte damit auch, so mein Eindruck, das Gefüge der Mannschaft ein wenig durcheinander, sodass die Offensivwelle abebbte und die Tapire zurück ins Spiel fanden. Sie verzeichneten noch einige Chancen und in der 77. Minute machte Pablo schließlich alles klar. Zuvor wurde Schmiddi durch einen artgerechten Steckpass vom mir unbekannten Passgeber im Strafraum in ein Individualduell mit Andi geschickt, den er links umkurvte, sich aber einen Hauch zu weit vorlegte, weshalb er den direkten Abschluss vermied und kurz auf den in enger Begleitung herbeieilenden Pablo passte. Und was macht die geile Sau? Verwandelt ihn hinter dem Rücken direkt mit der Hacke ins lange Eck zu 5:3. Dann war Feierabend.
Anmerken möchte ich noch, dass ich als Trainer von Weltniveau mich natürlich mit intensivem Scouting auf den Gegner vorbereitet hatte. Also, genauer gesagt, hatte ich die Ergebnisse und Spielberichte von SW Bochum mir vorher auf der Freizeitligahomepage angesehen und diese waren 1:1 und 0:1. Also erklärte ich im Tapirzirkel vor dem Spiel, dass der Gegner wenige Tore schießt aber auch wenige zulässt. Grandiose Einschätzung...
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Kommentare
danke Trainer
Wieder einmal ein wunderbarer Spielbericht, der mir meine sterbenslangeeilige Straßenbahnfahrt versüßt hat.
Vielen Dank
Mal wieder ein literarischer Hochgenuss
Dichtung und Wahrheit
gekonnt vereint. Chapeau, Ms. le Traineur!
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