Sepp verdeutlicht mit seiner Geste, dass er sich immer noch nicht sicher ist, ob er wirklich der Urheber des 1:3 war, Alex deutet in Adiletten nochmal die Schusshaltung seines filmreifen 2:3 an und Mirko strahlt die Sicherheit aus, mit der er den Ball zum 3:3 über die Linie drückte.
Ein schöner Sommerabend am Rektum von Langendreer. Da es so sommerig lange hell war und der Kick bereits um 19 Uhr startete, durften die Tapire diesmal auf völlig ungewohntem Terrain, nämlich echtem Rasen galoppieren. Na ja, in die Mitte des Platzes von Langendreerholz war eine swimmingpoolgroße Sandgrube integriert worden, die zusätzlich für etwas Beachatmosphäre sorgte. 15 kraftstrotzende Tapire plus VIP-Fan Robin, der wieder den Turnbeutel vergessen hatte, waren freudig erregt.
Der Trainer zog ob des Personals die offensivere Variante 1-3-4-3 und sah sich in den ersten gut zehn Minuten absolut bestätigt, denn die Tapire nagelten Werner in die eigene Hälfte wie ein Zimmermann einen Dachbalken. Sobald Werner Aufbauspiel versuchte, war hurz der Ball bei einem Tapir, der ihn nach vorne trieb und alle rückten auf. Das war 3-4-3 (1 langweilte sich im Tor) nahe der Perfektion, aber nur nahe, weil zur Perfektion ein Tor gehört und die Tapire verpflanzten quasi alle Abschlüsse an den Fangzaun, so dass der Trainer sich bereits nach 8 Minuten dazu genötigt fühlte, seine Fohlen daran zu erinnern, dass es gälte, die Netzfläche innerhalb und nicht das Stahlgeflächt außerhalb des Aluminiumgehäuses zu treffen. Wurde auch beherzigt, allerdings stand der Torwart chronisch im Weg. Dann, aus dem klassischen Nichts, lagen die Tapire auf einmal hinten, nach einem um einen Tag verrutschten Sonntagsschuss aus gut 25 Metern. In einer gleichermaßen energiegeladenen wie ballistisch wunderschönen flachen Parabel senkte sich der Ball knapp unter der Latte ca. 80 cm vom rechten Winkel entfernt ins Netz der Tapire zum 1:0 für Werner. Die Katze von Altenhöfen, die eigentlich bekannt dafür ist, solche Herausforderungen mit noch schöneren Flugparabeln spektakulär abzuwehren, überschritt auch in diesem Fall die für Humanoide vorgesehene Flughöhe deutlich, dennoch senkte sich der Ball über ihm ins Tor hinein. Später erklärte er warum das so war, es war ein Linienproblem, welches auch auf das später noch geschilderte 3:0 Einfluss hatte. Das Tor in dem Marci stand, war nicht verankert, sondern wurde einfach nur hingestellt und auf dem Platz waren nur klägliche Rudimente von Linien zu erkennen, daher wurde alles mit Hütchen abgesteckt. Etwa einen Meter vor Marcis Tor war aber ein Stück ursprünglicher Restlinie vorhanden, an der er sich im Rücklaufen orientierte, weshalb seine Flugeinlage schlicht und ergreifend zu weit vor dem Tor stattfand. Was nach dem Treffer geschah, glich ein wenig den drei Spielen der teutonischen Nationalmannschaft in Russland. Dominant, ständig den Ball erobernd und gut aufbauend, aber vor dem gegnerischen Tor war es verdammt eng oder zu unpräzise und die Versuche endeten allesamt überschaubar. Aber im Gegensatz zu Schland kam es für die Tapire noch viel schlimmer in der ersten Hälfte. Der zweite nennenswerte Angriff von Werner entsprang aus einem Freistoß für sie aus der Tapirhälfte, der hoch in den Strafraum geschlagen und per Kopf abgewehrt wurde, vor die Füße von Werner gelangte, dessen ersten Schuss Sepp blockte, der auch an den folgenden Nachschuss mit dem Fuß erreichte, dabei dem Ball aber eine äußerst eigenwillige Eigenrotation verlieh, der einem Kunststoß beim Billard glich, auftitschte und in scharfer Linkskurve ins linke Eck der Tapire zum 2:0 sprang. Dieser Treffer fiel in der 33. Minute, doch die Pechsträhne der Tapire war noch nicht zu Ende: Nur vier Minuten später war es ein wieder ein aus großer Distanz abgelederter Schuss, der in ähnlicher Flugbahn wie beim 1:0 sich gefährlich Richtung Tapirtor senkte. Auch diesmal wurde Marci wieder Opfer der „Fake Line“, doch nun flog das Leder an die Unterkante der Latte, sprang gegen Marcis Rücken und von dort gemächlich über die Linie zum 3:0. Dieser Treffer verursachte schlagartig eine seltene Körperreaktion der Tapire, die akut auftretende Ergebnisallergie. Dadurch schüttete ihre Rachedrüse binnen Sekunden Sekrete der Gnadenlosigkeit aus, die ihre Körper durchfluten und ihrem Handeln die finale Zielstrebigkeit einhauchten. Nur eine Minute später gab es einen Freistoß für die Tapire an der linken Seite, etwa 10 Meter links vor dem Werner Strafraum. Der von Mirko Richtung langes rechtes Eck geflankt wurde, wo Sepp beherzt in eine Sprunggruppe aus Werner Verteidiger, Torhüter und ihm selbst eintauchte, aus der der Ball auf wohl nie geklärte Weise fröhlich in die Maschen zum 3:1 hüpfte. Sepp bemerkte nach dem Spiel, dass er sich noch nicht mal sicher sei, ob er den Ball überhaupt berührt hatte, während ein sich in der Nähe befindlicher Tapir behauptete er hätte gesehen, wie der Ball von Sepps Schulter aus den Weg ins Tor fand. Egal, Hauptsache drin. Dafür war der nur eine Minute später folgende Anschlusstreffer umso schöner. Das Spielgerät gelangte nach schneller Balleroberung und Umschaltspiel bei Tim (?) in der Mitte, der ihn quer und zärtlich fünf Meter in den Raum zu Alex passte, welcher sein Einlaufen verbal gut vernehmbar ankündigte. Da das Bällchen perfekt zu ihm für eine Direktabnahme hoppelte, bediente sich Alex dieses ballistischen Angebotes und extrahierte einen perfekten Spannvolleyschuss garniert mit einem Hauch Außenrist, der in einer erhabenen Kurvenstrahlflugbahn formvollendet in den Winkel zum 3:2 einschlug. Dieser Treffer hätte locker drei Zeitlupen verdient gehabt.
Durch das finale furioso der letzten Minuten diente der von Marci herbeigebrachte und per Bordkühlung perfekt temperierte Cru nicht mehr der Frustbewältigung sondern vielmehr des Krafttankens für die zweite Hälfte. Dazu gab es vier frische Leckertapire, Matthias, Maxi, Aaron und Moritz, die für Paul, Mo, Niklas und Domme kamen.
Und die Tapire rannten los, als gäbe es kein Morgen, sie pflügten derart viele Grashalme um, dass die Anlage demnächst erneuert werden muss. Aber es war ein Spiegelbild der ersten Hälfte, was das Spielgeschehen anging. Gute 10 Minuten Dauerfeuer und dann verebbte das Tapirspiel zusehends, wodurch Werner wieder besser ins Spiel kam. Aber da Marci nun ein fest installiertes Tor ohne Fake-Line behütete und die Tapirverteidigung unter Regie von Sepp stand wie eine Prachtlatte, blieben die wenigen gefährlichen Situationen von Werner wenig gefährlich. Allerdings auch die etwa zwei Dutzend Tapirchancen, die in Außennetz, Fangzaun, Gegnerbein oder Torwart ihr trefferloses Ende fanden. Ob des immer noch existierenden Rückstandes gingen die Tapire ab der 73. Minute All-In, sowohl Sepp als auch Alex verlagerten ihren Standort nach vorne, doch der Erfolg ließ auf sich warten. In der 75. Minute wandte sich der ausgewechselte bullige Glatzkopfinnenverteidiger von Werner zu den wie Waldorf und Statler sitzenden Robin und Trainer um und sagte etwas wie: „Mit diesem Überraschungsergebnis hat keiner gerechnet.“ Die beiden Zyniker murmelten ihm etwas von Hochmut und Fall entgegen und tatsächlich sollte sich dieses verfrühte Fazit von Glatzenwerner kurzerhand rächen. Der sich überall auf dem Platz befindliche Tim bekam von Alex ein wunderschönes Steckpässchen in den Strafraum serviert, welches er zur Vollendung mit einer engen Umkurvung des Werner Torwarts zum Abschluss bringen gedachte. Dieser hatte aber aufgepasst und das rechte Bein zum rechten Zeitpunkt ausgefahren und vermochte damit den Ball nach außen zu lenken. Aber der für nichts außer Tapire bremsende Tim war natürlich wieder als erster am Spielgerät, drehte sich und flankte derart perfekt auf den langen rechten Pfosten, dass der einfliegende Mirko nur noch sein rechtes Bein in eine artgerechte Schusshaltung bringen musste, um dem mehr als verdienten Ausgleich zum 3:3 in der 78. Minute Ausdruck zu verleihen. Noch ein mittleres Chancelein zum Sieg besaßen die Tapire kurz darauf, das aber wie so viele seiner Brüder und Schwestern trostlos im Fangzaun verendete.
Der späte Ausgleichstreffer für die Tapire fühlte sich ein wenig siegreich an, allerdings, da diese Unpaarhufer mir Hirn und Selbstkritik ausgestattet sind, war ihre Euphorie doch etwas gebremst. Es war ein Fake Spiel – Leistung, Einsatz und Hingabe korrespondierten einfach nicht mit dem Ergebnis.
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Kommentare
Mal wieder ein sehr schöner,
Mal wieder ein sehr schöner, intensiver Bericht. Mir ist als sei ich dabei gewesen. Danke Trainer!
Jetzt auch...
...mit Toschüfo.