ich sach ma soo

Was ist denn hier los? Hier trainert es ja aus allen Löchern. Ich habe immer gedacht, meine Autorität würde auch mein klassisches Spielsystem - jeder sucht sich ein kuscheliges Plätzchen auf der Asche und legt sich dort ab - klar manifestieren und jedwede taktische Diskussion im Keim ersticken lassen. Weit gefehlt, gleich der Molkerei auf der Bounty nehmen hier die Spieler nun das Zepter in die Hand und malen Taktiktafeln in das elektronische Netzwerk. Wohl zu wenig Arbeit am Freitag?

Nein, ich finde alle Ausführungen großartig und in der Sache auf jeden Fall richtig. Ich habe allerdings auch während der Spiele nie den Eindruck, dass bei uns eine komplette taktische Anarchie ausbricht, insgesamt werden die Positionen gehalten, es wird nachgerückt und vor allem ist bei uns im Vergleich zu vielen Gegnern wirklich Laufbereitschaft vorhanden und, das darf man hier auch nicht vergessen, wir haben einen außergewöhnlich guten Torwart, sieht man einmal von Bällen ab, die länger als eine Woche in der Luft sind und dann meteoritengleich in langen Ecken einschlagen.

Also, wir machen schon verdammt viel richtig, können aber natürlich noch einiges verbessern:

Was die aufgezeichnete und beschriebene Dreierkette angeht, so erscheint mir das als gewagt. Es wurde in Maddins und anderen Ausführungen immer von Libero gesprochen. Dieser ist aber, wenn ich es richtig verstehe, in einer Dreier-Kette nicht existent. Wenn der Gegner, was meist der Fall ist, einen Stürmer zentral hat, dann muss der zentrale Verteidiger diesen ja übernehmen und verteidigen, wodurch aber zwangsläufig immer eine eins-zu-eins-Situation entsteht, gewinnt der Stürmer den Zweikampf dann kommt Spaß auf Marci zu. Daher würde ich in der Defensive weiterhin eigentlich die Vierer-Variante bevorzugen, zwei Außenverteidiger, einen klassischen Vorstopper und eben einen Libero, der bei Angriff des Gegners hinter den Verteidigern absichert und gegebenenfalls auch die Abseitsfalle dirigiert und der bei Ballbesitz sich vor die Abwehr verschiebt, um eine zusätzliche Anspielstation im Mittelfeld abzugeben. Dies war, wenn ich es recht interpretiere, bisher meine Aufgabe, die ich aber zugegebenermaßen im offensiven Bereich noch nicht so wie gewünscht ausgeführt habe. Ich habe das Gefühl, ich klebe noch ein wenig zu weit hinten und sichere immer wieder luftleeren Raum ab. Das heißt, ich muss meine morschen Knochen immer wieder ein wenig mehr auch nach vorne bewegen.

Mir sind von hinten vor allem zwei taktische Mangos aufgefallen: Zum einen die bereits auf dem Platz analysierten Boomerang-Abstöße, die dem Gegner in der zweiten Halbzeit eine Vielzahl von Chancen eröffnet haben. Da ich den Ball von hinten maximal bis zur Mittellinie, eher bis zur nicht existierenden Vierzig-Meter-Linie bringe, und sich dort das Loch zwischen unseren Abwehrspielern und dem Mittelfeld befand, haben die Polterdinger den Ball immer wieder ins offensive Mittelfeld serviert bekommen und haben uns zu unnötiger Laufarbeit und kollektives Zurückrücken gezwungen, wodurch der chronische Stau im und um den Straufraum gegen Ende des Spieles entstand. Daher, beim Spielaufbau, tiefer stehen, höher gewinnen.

Das impliziert die zweite Mango, etwas, das wir bisher beinahe im gesamten Spiel ignorieren: Den Rückpass. Es wirkt so, als gäbe dieser Minuspunkte oder man bekäme keine Frau ab, wenn man einen Rückpass machen würde. Es gibt in der Tat erotischere Spielzüge, doch ein Rückpass zur rechten Zeit gilt ja mitnichten auch als die Schwiegermutter des ruhigen Spiels. Gerade im Mittelfeld sollte, wenn der Weg nach vorne zugestellt ist und nur ein vages Dribbling versucht werden kann, der wohltemperierte Ball hintenrum für eigene Nervenberuhigung sorgen. Dies kann auch herrlich beim Abstoß passieren, indem mir ein Außenverteidiger oder Mittelfeldspieler zum rechten Zeitpunkt entgegen kommt, ich ihn flach anspiele und er direkt zurückpasst, dann haben wir mal locker 10 Meter nach vorne gewonnen, wodurch ich den Ball dann, so nicht weiter gepflegtes Passspiel zelebriert wird, zumindest über die Mittellinie wemsen kann.

Finalerweise möchte ich noch kurz etwas zum kommenden Spiel anmerken. Der nächste Gegner hat 5:0 gegen Polterberg verloren und könnte auch von uns zu schlagen sein. Wenn ich mir unsere bisher besten Spiele, meines Erachtens das Pokalspiel und das letztjährige 8:1 gegen die Ultras vor Augen führe, so haben wir in diesen Spielen vor allem für eines gesorgt, nämlich den Gegner gar nicht ins Spiel kommen lassen und ihn zumeist sehr weit von unserem Tor entfernt gehalten. Dies sollten wir gegen die Hosen zumindest in der ersten Halbzeit beherzigen, radikales Pressing bis der Gegner weint und zur Pause ein komfortables 4:0 rausholen. Dann ein wenig tiefer stehen und mit unseren pfeilschnellen Spitzen in der zweiten Halbzeit noch den ein oder anderen gepflegten Konter fahren. Daher würde ich am Montag zur maximal offensivsten Aufstellung als Trainer raten, falls mich einer fragt.

Ich freue mich auf jeden Fall auf weitere taktische Diskussionen und Freistöße vom Ulk (Raini: Seid ihr euch sicher, seid ihr euch wirklich sicher... - großartig). Ich finde, Ulk sollte diese immer wieder auch versuchen, der Eckenschlenzer letzten Sonntag, der direkt ins Tor gegangen wäre, wenn da nicht jemand gestanden hätte, hat mich vollends überzeugt.

P.S: Ich muss Sonntag arbeiten, wäre gut, wenn jemand die Leibchen/Ball-Tasche bei mir abholen könnte...