Das von Paul gemeinsam mit den Sternen ins Leben gerufene Freudschaftsspiel machte dem Namen Auswärtsspiel alle Ehre. Denn es fand in einer Gegend statt, in der Navigationssysteme Bilder von der Rückseite des Mondes anzeigen und Fahrer ihre Türen aus Angst vor aufdringlichem Wild und Landeiern von innen zentralverriegeln. Genauer lokalisiert geschah es am Blinddarm von Witten, mit dem treffenden Namen „Am Hasenhölzken“, wo selbige Tiere noch nicht einmal Füchse zum Gutenachtsagen antreffen. Trotzdem schaffte es das stark dezimierte, aus gerade einmal 11 Passinhaben inklusive des Trainers bestehende Tapirrudel, sich halbwegs pünktlich dort einzufinden, inklusive der von Mo eingeladenen Gastspieler Ümit und Flo, die beide durchaus eine repektable Fußball-Kinderstube genossen hatten, wie sich schnell herausstellte.
Schon bald nach dem Anpfiff eines Sterne-Spielers, der ob des superfairen Spiels als chronisch unterbeschäftigter Schiri in Zivil auftrat, wurde deutlich, dass sein Team spielerisch feiner und offensiv deutlich gefährlicher agiertete als das zusammengewürfelte Tapirrudel. Sie wollten mehr, denn es war das Abschiedsspiel ihres Stürmers Max, der sich dieses mit zwei Treffern selbst versüßte. Es dauerte 10. Minuten bis zum ersten Treffer der Sterne, Konter über links, Pass an den langen Pfosten, Stürmer schiebt ein. Sieben Minuten später fiel das 2:0 nach einem formidablen Solo des überall auf dem Platz sich befindlichen Jule (ähnlich wie Tobi M mit flexiblen Knochen versehen), der robbengleich von außen nach innen zog und dann platziert in der rechten Seitentasche vollendete. In der 21. Minute stockte den lauthals anfeuernden Tapirauswechselspielern Stephan und Trainer (wie immer ohne Einsatz) der Atem, weil zunächst der nächste Treffer per Kopfball ins linke Eck zu fallen drohte, welchen Marci jedoch per Flugeinlage und perfekter Seitwärtsabwehr zu verhindern wusste. Allerdings wurde ihm schon während des Fluges klar, wie er berichtete, dass er mit ebenso zu retten versuchenden, einfliegenden Mo zusammenrasseln würde. Was beide gehörig taten, Mo landete im Netz wie ein Karpfen nach Dynamitfischen inklusive einer heftigen Luftkollision mit ihm halb auf Marci. Da dieser weder des Schauspielens noch der akustischen Verletzungstheatralik verdächtig ist und nach dem Aufprall mehrfach laute Laute des Schmerzes von sich gab, befürchtete der Trainer gar Schlimmstes und war schon bereit, mit dem Amputationsbesteck aufs Spielfeld zu laufen. Doch Marci berappelte sich nach einer Minute und konnte unter Rippenschmerzen weiterspielen, eine astreine Torso-Prellung, so seine verlautbarte Diagnose, vermutlich ohne Mitwirkung eines Arztes. Gut 5 Minuten später musste er den Ball zum dritten Mal aus dem eigenen Netz fischen, als die Sterne nach Balleroberung im Mittelfeld wie schon das ein oder andere Mal zuvor blitzschnell umschalteten und in Überzahl auf die Tapirabwehr zuliefen. Marci konnte den ersten Schuss blocken, den zweiten Niklas, der dritte wurde dann aber schließlich über die Linie gemurmelt. Die Tapire hatten ca. 5 Halbchancen und zwei ziemlich gute, Zählbares wollte sich aber nicht zeigen.
Dafür offenbarte Paul in der Halbzeitpause einen zum waidmännischen Ambiente passenden Kasten Bier: Tannenzäpfle! Mundete selbst in einem Mischwald gut temperiert ausgezeichnet. Daran hätte sich Marcello, für den Stephan zur zweiten Hälfte kam, exzellent laben können, sein Antialkoholismus machte ihm aber einen Strich durch die Rechnung.
Doch obwohl einige Spieler eine kurze Zäpfle-Druckbetankung genossen hatten, gingen sie in der zweiten Hälfte nicht unbedingt gleich ab wie Zäpfchen. Vielleicht war die orale Zuführung die falsche Einnahmeform, womöglich wäre eine andere Körperöffnung vielversprechender gewesen. Denn die Tapire fingen sich fünf Minuten nach Beginn nach impulsiver Fummelei im eigenen Strafraum einen Fangschuss aus kurzer Distanz zum 4:0. Dann passierte 25 Minuten lang zwar ziemlich viel zwischen den Toren, in ihnen aber gar nichts. Bis zur 70. Minute als ein Tapir-Rückpass zu kurz geriet, so dass ein Stenestürmer allein auf Marci zulief, den Ball gegen den Pfosten setzte, von wo aus er zurück ins Feld prallte und von einem herbeieilenden Kollegen zum 5:0 eingeschoben wurde. Als hätte dieser Treffer die Tapire bei der Ehre oder den Eiern gepackt, versuchten sie in den letzten zehn Minuten noch, mindestens fünf Tore noch aufzuholen, doch die Erfolgsquote blieb genauso neutral wie in der ersten Hälfte. 30 Sekunden vor dem Abpfiff kredenzten sie per Missverständnis zwischen Torwart und Verteidiger den Sternen gar noch das 6:0.
Als nicht neutraler Beobachter fiel dem Trainer folgendes auf: Die Sterne hatten mehr Bock, Fans und Spieler, sie hatten bärtigere und größere Menschen im Team und wirkten sehr eingespielt. Die Tapire waren gesichtsglatter, weniger, kleiner und wirkten nicht ganz so heiß, konzentriert und kommunikativ wie der Gegner. Und sie spielten in einer Konstellation, die nie zuvor gesehen ward: Hierbei möchte ich mich bei unseren beiden Gästen Ümit und Florian bedanken, die das Tapirspiel numerisch wie auch qualitativ bereicherten, Ümit war als rechter Außenverteidiger takt-, kämpfer-, spieler- wie läuferisch mehr als freizeiterstligareif, Flo entpuppte sich als Zweikampfmonster im Mittelfeld. Ich hoffe, alle Spieler haben auch wieder nach Hause gefunden, bisher ist keine Vermisstenmeldung eingegangen.
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