Der fünf Jahre in der Erstliga-Intensivstation des Freizeitliga-Hospitals beherbergte Tapir zeigte zu Beginn noch lebhafte Zuckungen, die ab der Hälfte der Saison aber aufgrund von Tordrüsenstörungen und defensiver Inkontinenz kaum mehr wahrnehmbar wurden, bis sie letzlich versiegten und er auf die Zweitligastation verlegt werden musste.
Liebste Tapirchens,
was für ein Jahr 2016! Geprägt von realen und politischen Amokläufen (Erdogan, Brexit, Trump), Musiker-Massensterben und gesellschaftlicher Stimmungstrübung hierzulande, die bewirkte, dass sozial extrem häßliche Fratzen noch häßlichere Äußerungen öffentlich absondern dürfen, ohne deshalb geteert und gefedert zu werden, wird es wohl nicht in die Kategorie „totale Supersupersuperjahre“ eingeordnet werden.
Auch für den FC Porno Villa war 2016 ein eher durchwachsenes Jahr: Ende Januar wurde uns unangekündigt die Heimatscholle entrissen, wir wurden zu Flüchtlingen, denn wir hatten das Wiemeldrom in 14 Jahren derart löchrig getreten, dass sich tiefe zwei Schächte darunter bildeten, die verfüllt werden mussten, so dass es bis Ende Oktober gesperrt war. Die Plätze an der Düppel- und Glücksburger Str. gaben uns Spielasyl, allerdings siechte der Sonntagskick dabei immer mehr dahin, er wurde aber von ein paar unbeugsamen, tapfer erscheinenden Traditionsbewahrern am Leben erhalten. Auch in der Freizeitliga kann nicht gerade von einem tapirlichen Erfolgsjahr gesprochen werden, wie der oben bildlich dargestellte tabellarische Saisonverlauf demonstriert. Ein Abstieg der durch seine nackerten Fakten nicht verdienter hätte sein können. 24 Spiele – 3 Siege, 1 Unentschieden, 20 Niederlagen. Von letzteren bekamen wir 10 Stück ohne eigenen Treffer zugefügt und nur 3 Niederlagen von uns verzeichneten ein Ergebnis mit nur einem Tor Unterschied. Genauer betrachtet, entblößte die unbarmherzige Sau Statistik sogar die drei hässlichsten Körperteile der Porno-Ligageschichte: Die offensiv äußerst schmalbrüstigste Vorderfront mit kläglichen 26 Treffern, das gnadenlos durchgefickte Hinterteil mit 96 erfolgreichen Eindringversuchen und die erstligaexsistenzunwürdigen schlaff herunterhängenden 10 Punkte. Jeder der drei Werte stellt für sich einen Negativrekord in der Tapir-Tabellengeschichte dar. Dazu schieden wir in der ersten Pokalrunde im Elfmeterschießen gegen Schwarz-Weiß Bochum aus, gegen die wir kurz zuvor im dritten Ligaspiel eine fürchertlich unverdiente, geradezu traumatisierende 1:0 Niederlage kassierten. Denn nach diesem Spiel verabschiedete sich für den Rest der Saison aus unterschiedlichen Gründen die geballte Torgefahr der letzten Jahre des FC Porno Villa, namens Nils und Robin. Die beiden Torgranaten und -garanten, die jährlich auch mit längeren Auszeiten gemeinsam für mindestens 25 Treffer sorgten und 4 der bis dato 5 Saisontreffer erzielt hatten, fehlten uns natürlich extrem schmerzhaft vornerum. Die Tapire versuchten dies durch personalbedingt unterschiedlichste Aufstellungen in sämtlichen Variantionen zu kompensieren, der Erfolg war aber eher überschaubar. Bis auf den 2:0 Sieg gegen Linden (und 3 gewonnenen Punkten gegen die Talente, die später aufgrund deren frühzeitigen Ausscheidens aus der Liga wieder annulliert wurden) gingen die Tapire die folgenden 13 Spieltage mit leeren Hufen vom Platz. Immer punkt- aber, bis auf wenige Ausnahmen, selten chancenlos und zumeist höchstaktiv am Spiel beteiligt. Häufig die aktivere, bisweilen spielbestimmende Mannschaft, die es aber kein einziges Mal schaffte, in Führung zu gehen, weil uns durchweg im letzten Drittel des Spielfeldes die Durchsetzungskraft, die Präzision, der Wagemut, die Idee oder das Glück ausgingen. Durch die nach der Sommerpause getätigten, extrem bereichernden Neuverpflichtungen von Tim, Aaron, Vinzent und Dominik B wurden die Spiele noch besser und intensiver, aber der tapirliche Torkrepierer wurde auch durch sie nicht verbannt. Erst im drittletzten Spiel pflückten sich die Tapire ein Pünktchen und heimsten im letzten Saisonspiel gar einen höchstverdienten 2:1 Sieg ein. Was für das Gemüt zum Abschluss sehr angenehm war, aber nicht darüber hinwegtäuscht, dass es in diesem Jahr hinten wie vorne nicht für die harte und erbarmungslose erste Liga ausgereicht hat. Das offenbart auch die Torschützenliste, die in diesem Jahr wahrhaft nicht heroisch ausfällt. Vor allem, wenn man dafür alle Pflichtspiele, also auch unser einziges Pokalspiel herannimmt, denn dann ist Nils Mittorschützenkönig. Und er brauchte dafür genau zwei Spiele! Hier das Ranking: Ole 5, Nils 5 (3+2), Paul 4, Tobi M 3, Maxi 2, Sven 1 (+1 im Sturmfreundschaftsspiel), Robin 1, Björn 1, Jesko 1. Philipp 1, Moritz 1, Sepp 1, Joscha 1, Tim 1, Tobi der Jüngere 1 (im Pokal). Wir haben in der Liga, um noch ein letztes Mal die Statistiksau aus dem Stall zu treiben, alle 73,84 Minuten eine Hütte gemacht. Aufwand haben wir dafür irrsinnig betrieben, uns aber schlichtweg zu wenig für die Mühen belohnt, denn spielerisch gesehen, waren unsere Auftritte diese Saison absolut nicht erstligaunwürdig. Ich habe so häufig nach jeder Niederlage vom gegnerischen Trainer gehört, dass wir mindestens gleichwertig oder gar besser gewesen seien und nicht wie ein Absteiger gespielt hätten, dass ich davon irgendwann einen Redundanzausschlag bekam.
Ich denke, ähnliches ging in Euren Spielerhirnen vor, weshalb ich mental vor Euch auf die Knie niederfalle: Ihr habt trotz der ständigen körperlichen und mentalen Schläge, die Ihr einsteckten musstet, niemals aufgesteckt. Ihr gabt trotz der allmontagabendlichen Niederlagenkultur nie auf, spieltet trotz häufiger Anstöße weiter nach vorne und botet immer Spielspaß wie Spielkultur bis zum gegnerischen Tor dar. Chronisches Unterzahlspiel trat nur in homäopathischen Dosen auf, weshalb ich nur in drei Mal Partien aktiv mitwirken musste. Seltsamerweise gingen alle drei Spiele verloren. Im Grunde genommen haben die Tapire postfaktischen Fußball zelebriert, sie ignorierten die banalen Fakten des Fußballs wie Tore, Ergebnisse oder Tabellenstand und spielten einfach nur fürs Gefühl. Aber selbiges war nach einer klassischen Kack-Niederlage trotz durchweg humoristisch exzellenter Kabinenaufarbeitung nicht so richtig dufte, weshalb ich postfaktischen Fußball im Wettbewerbsbereich nicht für eine artgerechte Herangehensweise.
Egal, ob postfaktisch oder präficktisch, hat der Vorstand des FC Porno Villa die Mannschaft für die kommende Saison 2017, unser zehntes Jahr in der Freizeitliga, angemeldet. Da die wenigsten aktuellen Spieler vor 9,4 Jahren dabei waren, hier ein kurzer pornohistorischer Exkurs: Mitte Juli 2007 erhielt ich vom damaligen Ligachef Gerd Geiger einen Anruf, dass wir nach antizipierter Interessensbekundung an der Rückrunde der zweiten Freizeitliga aktiv mitwirken dürften, zwar für ümme, also mit ohne Punkte, für das sich aus der zweiten Liga verabschiedete Soccer Team Bochum. Mit einem 13er Kader sagten wir zu und hatten unsere Freizeitligaentjungferung gegen den FFC Dynamite am 10.08.2007, die mit einem 2:2 Unentschieden befriedigend vonstatten ging. Am Ende des vierten Zweitligajahres, also 2011, stiegen wir in die Beletage der Freizeitliga auf, wo wir fünf Jahre bis vor Kurzem verweilten. Doch bereits die beiden letzten Saisons waren von hartem Existenzkampf geprägt: 2014 schmierten drei Mannschaften vorzeitig ab, wir waren als 11. Tabellenletzter, war aber schnurz und tabellarisch eigentlich total ungerecht. 2015 gab es einen tapirlich heroischen Abstiegskampf mit finalem Bilderbuch-Relegationsspielsieg und anschließendem Organisationchaos seitens der Ligaleitung, was in einem weiteren Jahr pornoöser Erstklassigkeit mündete.
Nun treten wir also wieder den Rückweg zu unserem Ursprung an. Was zu einem generell besseren Montagabendgefühl bei allen Tapiren beitragen wird. Diesbezüglich bin ich zwar unwissend wie ein AfD-Wähler, trotzdem so sicher wie die Rente, dass die Tapire in der Saison 2017 mehr als 26 Tore schießen, weniger als 96 Tore reinbekommen und mehr als 10 Punkte erzielen werden. Ich möchte keine gewagte Prognose abgeben, dafür kenne ich die zweite Liga zu wenig, aber mein Trainerurinstinkt sagt mir, wenn uns kein radikaler Personalschwund widerfährt und uns keine schlimme Verletztungsmiesere heimsucht, dass die Tapire die kommende Saison auf einem einstelligem Tabellenplatz beenden werden. Übrigens, die Fernseheinnahmen (0€) sind in der zweiten Liga die gleichen wie in der ersten, ebenso die Auflaufprämien (0€), Siegesprämien (0€) und die Grundgehälter (0€).
Neu ist aber, was der Trainer/ 1. Vorstand soeben ohne Absprache mit dem Finanzminister oder dem 2. Vorstand spontan aus seinem kleinen Welpenhirn extrahiert hat: In der kommenden Saison wird es beim FC Porno Villa eine Torschützenprämie geben, allerdings nur für Punktspiele in der Liga, nicht das einer das meint, er könne nach 10 Treffern in der Halle oder im Wiemeldrom richtig absahnen. Pro Treffer gibt es 1 € aus der Pornokasse! Mit einem Hattrick ist dann schnell ein Mac Fleischabfall, ein gepflegtes Pils oder auch zwei vonne Bude oder die Anzahlung für den neuen Staubsaugerbeutel drin. Gern darf der Torschütze die Einnahmen mit dem Assistgeber teilen. Diese tiefenpsychologische Maßnahme soll dazu dienen, dass wir 2017 mehr als 26 Mal auf dem Platz tanzen, jubilieren, frohlocken, uns herzen, abklatschen, drücken, busseln, mit den Brüsten aneinander springen, Fäuste ballen, Purzelbäume schlagen, „Bravo“, „Ja“ oder „Schacka“ rufen und unserem Bemühen häufiger ein Krönchen aufsezten.
Dies scheint für mich wie auch für alle Anhänger und Mitwirkenden des FC Porno Villa ein guter An- wie auch Vorsatz für 2017 zu sein: Ein „Krönchen aufsetzen“ in allem was man tut,dem Kochen, dem Spülen, dem Kacken, dem beruflichen Ziel, dem Abschluss des Studiums, der Partnerin/ dem Partner, dem persönlichen Projekt, Familie und Freunden, vor allem aber dem Torabschluss.
Ich wünsche allen, die bis hierhin durchgehalten haben, ein krönchenaufsetzendes, verletzungs- und schmerzfreies, unbeschwertes, allen voran persönlich großartiges Jahr 2017.
Der Trainer
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Kommentare
affengeil
ich werd jetzt topscorer. kann das geld gut gebrauchen
Sehr schön!
Nur das hier hat mich irritiert: mein Trainer urin stinkt.
Nichtsdestotrotz auf eine feine Saison 2017 mit ähnlich viel Spaß und etwas mehr Punkten!
er riecht...
...nach Rose, Alpenwiesen, Weihrauch, mit einer leichten Fiege-Kopfnote...
Schön Trainer
Ich wünsche euch allen weiterhin dufte Spielmomente und werde mich nicht lumpen lassen dem alljählichen einmal-für-Porno-antreten auf irgendnem Turnier beizukommen. Auch ganz ohne Penunzen. Glück auf Männers
grande!
freu mich schon auf die montagabend-ausflüge mit dem tapirrudel!
Genial, Trainer
Werde wohl 2017 keinen Euro für Tore verdienen. Gut, dass ich einen staubsaugerbeutellosen Staubsauger besitze